Der Hospizgedanke

Die Britin Cicely Saunders (1918-2005) gilt als Begründerin der modernen Hospizbewegung. 1944 begann sie eine Ausbildung zur Krankenschwester und arbeitete in Oxford als Sozialarbeiterin. Dort lernte sie den an Krebs erkrankten David Tasma kennen und verliebte sich. Tasma war erst 40 Jahre alt. Sie besuchte ihn häufig in den letzten zwei Monaten seines Lebens in einem überbelegten Londoner Krankenhaus. Die beiden redeten und träumten von

einer Umgebung, in der David Linderung seiner Schmerzen finden könnte, aber auch von genügend Zeit, ins Reine kommen zu können mit einem offenbar unerfüllten und sinnleeren Leben. Die Idee nahm Gestalt an, und David vermachte ihrer Verwirklichung sein Vermögen. Cicely Saunders nannte ihn immer den wahren Begründer des St. Christopher‘s Hospice, das sie 20 Jahre später gründete. Im Alter von 33 Jahren begann sie ein Medizinstudium, um sich der Erforschung der Behandlung Sterbender zu widmen. Sie gründete damit die Palliativmedizin (pallium, lat. Mantel) und die palliative Pflege mit dem hospizlichen Grundgedanken der Sorge um den ganzen Menschen. Damit brach sie als erste die Sprachlosigkeit und Handlungsohnmacht der traditionellen Medizin auf.

Pionierin der modernen Hospizbewegung

Cicely Saunders wurde 1918 in Barnet, Hertfordshire/England, als ältestes von drei Kindern geboren. Nach dem Ausbruch des zweiten Weltkriegs begann sie 1944 eine Ausbildung zur Krankenschwester. Anschließend arbeitete sie als Sozialarbeiterin in Oxford. 1947 lernte sie David Tasma kennen und verliebte sich in ihn. Aber David hatte unheilbaren Krebs, und er lag im Sterben.

Dieser David Tasma hatte den Holocaust im Warschauer Ghetto überlebt und er war erst 40 Jahre alt. In den letzten 2 Monaten seines Lebens besuchte ihn Cicely Saunders sooft sie konnte auf der chirurgischen Station eines großen, lauten, voll belegten Londoner Krankenhauses.

Die beiden reden und träumen von einer Umgebung, in der David nicht nur Linderung seiner Schmerzen findet, sondern auch genug Raum und Zeit, ins reine zu kommen mit einem offenbar unerfüllten und sinnleeren Leben. Die Idee gewann Gestalt in diesen Gesprächen und David Tasma vermachte ihrer Verwirklichung alles Geld, das er hatte: 500 Pfund. Cicely Saunders nannte ihn immer wieder den wahren Begründer von St. Christopher`s Hospice, den „Gründungspatienten“, obwohl das Haus in Sydenham, einem stillen, bürgerlichen Vorort im Südosten Londons, erst 20 Jahre später seine Tore öffnen konnte.

Im Alter von 33 Jahren begann Cicely Saunders ein Medizinstudium, um sich – neben ihrer direkten Arbeit am Krankenbett – der Erforschung von Behandlungsmethoden zu widmen, die denjenigen helfen sollen, denen nach landläufiger (auch medizinischer) Überzeugung nicht mehr zu helfen war. Sie begründete damit die Palliativmedizin und palliative Pflege, die – eingebunden in den hospizlichen Grundgedanken der Sorge um den ganzen Menschen – die Sprachlosigkeit und Handlungsohnmacht des traditionellen kurativen Medizinbetriebs aufbrechen sollte.

Nach Abschluss des Medizinstudiums begann Cicely Saunders im St. Mary’s Hospital in Paddington Studien zur Schmerzbehandlung von unheilbar Kranken und arbeitete gleichzeitig im St. Joseph’s, einem Hospiz für mittellose Sterbende in Bayswater. Dort etablierte sie einen Ansatz der Schmerzbehandlung („constant pain needs constant control“), nach dem Schmerzmittel kontinuierlich nach Plan verabreicht wurden. Dieser Behandlungsplan war revolutionär, wurden doch vorher Schmerzmittel nur dann gegeben, wenn die Schmerzen des Patienten unerträglich geworden waren. Cicely Saunders erreichte damit sowohl die dauerhafte Reduktion der körperlichen Schmerzen als auch eine Minimierung der mit den Schmerzen verbundenen psychischen Leiden.

Nach umfangreichen Planungen und Sammlungen von Spenden gründete sie 1967 das St. Christopher’s Hospice in London, benannt nach dem Schutzpatron der Reisenden. Das St. Christopher’s Hospice wurde nach und nach um eine Forschungsabteilung und ein Studienzentrum erweitert und gilt noch heute als Ausgangspunkt der modernen Hospizbewegung. Ohne die Visionen, das Engagement, die Kompetenz und die Persönlichkeit von Cicely Saunders wäre die Hospizbewegung – nicht nur in England, sondern international – nicht das, was sie heute ist.

Dame Cicely Saunders wurde von der englischen Königin geadelt. Sie arbeitete noch als 70jährige im Chefzimmer in Sydenham zwischen Büchern, Bildern, viel christlichem Zierrat und Bergen von Papier. Und sie zitierte immer wieder David Tasma, wenn sie über St. Christopher´s und die Hospiz-Idee sprach: „Ich werde ein Fenster in deinem Haus sein“

Für sie und ihre Helfer, sagt Dame Cicely, bedeuten diese Sätze eine Verpflichtung zur bedingungslosen Offenheit im Umgang nicht nur mit den Sterbenden und den Trauernden, sondern auch miteinander; und sie bedeuten das unablässige Bemühen, bestmögliche medizinische Versorgung in den Dienst einer ganz persönlichen Fürsorge zu stellen.

Der Gelsenkirchener Hospiz-Verein  weiß sich besonders dem Ausspruch von Cicely Saunders verpflichtet: „Du bist wichtig, weil du du bist und wir werden alles für dich tun, damit du nicht nur in Frieden sterben, sondern leben kannst bis zuletzt“

Hospizarbeit als Teil eines integrativen Versorgungskonzeptes

Ein neuer Palliativ Netz Flyer liegt seit August vor. Verschiedene Institutionen in Gelsenkirchen, darunter der Hospizverein, dokumentieren damit ihre Zusammenarbeit. Sie tragen gemeinsam bei zu einer flächendeckenden ambulanten palliativmedizinischen und  -pflegerischen Versorgung.

Diese Entwicklung ist teil eines Veränderungsprozesses in den letzten Jahren, der erhebliche  Auswirkungen auf den Hospizverein hat. Es ist uns ein Anliegen, Sie über diese Entwicklungen zu informieren.

Ein Blick in die Geschichte

Um die Entwicklung besser verstehen und würdigen zu können, ist es sinnvoll, auf die Anfänge der  hospizlichen und palliativen Versorgung zurück zu blicken. Dabei  wird deutlich, dass  sich die hospizliche und palliative Versorgung aus einem Defizit  des Gesundheitssystems heraus entwickelt hat. Der Schwerpunkt der Medizin, der Behandlung wie auch der Forschung, der Pharmakologie und der Medizintechnik  lag auf der kurativen, der heilenden Behandlung. War diese nicht möglich, hatte weder die Medizin noch die Pflege weitere Hilfe anzubieten. Aus diesem Defizit  heraus und aus der Fürsorge für Menschen mit unheilbaren Krankheiten, haben sich sowohl die Palliativmedizin als auch die Hospizidee entwickelt. Beide sind als Teile eines Ganzen zu sehen, die aufeinander angewiesen sind. Man könnte auf der einen Seite “Hospize und Hospizdienste als Umsetzungsform palliativer Versorgung“ auf der anderen Seite die Hospizidee als „Philosophie, unter der die Palliativmedizin arbeitet und wirksam ist“ verstehen. (K-J Laumann im Gesundheitsbericht NRW März 2007)

Schon Pionierinnen, wie Cicely Saunders haben übrigens das oben beschriebene Defizit erkannt. Ihr Anliegen war, bei unheilbaren Erkrankungen eine umfassende medizinische, pflegerische, psychische, soziale und spirituelle Betreuung und Begleitung, sowohl für Patienten als auch für deren Angehörige an einem geeigneten Ort anzubieten (z.B. in einem stationären Hospiz).

Sie hat schon 1977 ihren Behandlungsansatz formuliert und damit die Grundlage für die heutige Palliativmedizin gelegt:

  • high-person – low technology Ansatz
  • Ganzheitliche Behandlung
  • Optimale  Symptomkontrolle/Schmerztherapie
  • Aus- Fort- und Weiterbildung
  • Forschung
  • Integration Ehrenamtlicher

Aus diesem Ansatz resultiert das Konzept eines gleichberechtigten, sich ergänzenden Handelns von medizinisch, psychosozial und spirituell tätigen Professionellen, ergänzt durch qualifizierte Ehrenamtliche. Die Bedeutung des Ehrenamtes hat sich n den letzten Jahren gewandelt.  Die Kompetenzen sind heute klarer definiert und die „Befähigung und Ermutigung“ der Ehrenamtlichen wird sehr ernst genommen.

Die Entwicklungen der Jahre 2000 – 2008

Angeregt durch die sich entwickelnde Hospizarbeit, zeigten  sich auch in Deutschland Fortschritte in der Versorgung sterbenskranker Menschen. Dazu gehört die Zunahme ambulanter und stationärer Dienste, die Einrichtung und Kooperation der Zentren für Fortbildung in der Palliativmedizin, Professuren für Palliativmedizin,  die Einführung einer Zusatzweiterbildung für Ärzte etc. (siehe nebenstehende Statistiken).

Eine wichtige Entscheidung im Hinblick auf eine bessere Versorgung sterbender Menschen war die Entscheidung der Krankenkassen, Hospizdienste, die bestimmte, festgelegte Kriterien erfüllen, finanziell zu fördern. Auch der Gelsenkirchener Hospiz-verein wird seit 2002 von den Krankenkassen gefördert.

Um eine sowohl „unbürokratische“ als auch „qualitativ hochwertige“ ambulante Versorgung schwerstkranker Menschen und ihnen Nahestehenden zu gewährleisten, wurde in NRW in den Jahren  2000 – 2005 mit 14 Diensten ein Modellprojekt durchgeführt. Dies geschah in der Zusammenarbeit zwischen den Krankenkassen, den Ärztekammern, den Wohlfahrtsverbände und der Landesarbeitsgemeinschaft Hospiz und hatte ein Rahmenprogramm zur flächendeckenden Umsetzung der ambulanten palliativmedizinischen und palliativpflegerischen Versorgung in NRW  zur Folge, dem sich im Juli 2006 ein Vertrag anschloß (§ 132a Abs.2 SGB V). Der Vertrag sowie das Rahmenprogramm zur palliativ-pflegerischen Versorgung enthält  Vorgaben und Anforderungen sowohl an die Pflegedienste als auch an die Haus- und Fachärzte. Bei entsprechender Qualifizierung können Verträge mit den Krankenkassen geschlossen werden.

Auch in Gelsenkirchen wird daran gearbeitet, dieses Rahmenprogramm umzusetzen. Vertreter der verschiedenen, in Gelsenkirchen bestehenden Einrichtungen, die  Menschen in ihrer letzten Lebensphase versorgen und begleiten, haben sich zusammengesetzt um eine Infrastruktur zu entwickeln und ein multidisziplinäres Netzwerk zu bilden, wie es das Rahmenprogramm vorgibt. Dazu g ehören die Palliativstation des St. Josef-Hospitals,  der Palliativpflegedienst  des Caritasverbandes, die Psychosoziale Beratungsstelle  für Krebsbetroffene und der Gelsenkirchener Hospiz-Verein. Ein erster Flyer mit dem Titel  Palliativ Netz Gelsenkirchen ist entstanden. Im August dieses Jahres ist er ergänzt worden durch die Qualitätsgemeinschaft Praxisnetz Gelsenkirchen, der Vertretung der niedergelassenen Haus- und Fachärzte und dem zukünftigen stationären Hospiz – dem Emmaus-Hospiz St. Hedwig Resse. Spezialisierte Apotheken und Sanitätshäuser werden folgen.

Für Palliativpatienten, die einen besonderen Versorgungsbedarf haben, der durch die allgemeine Palliativversorgung nicht gewährleistet werden kann, besteht die Möglichkeit eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung in Anspruch zu nehmen. (§ 132 d Abs.2 SGB V vom 23.06.2008). Eine konkrete Differenzierung zwischen allgemein und spezialisiert fehlt noch. Auch Begriffe wie „bedarfsgerecht“ und „wirtschaftlich“ müssten erläutert werden.

Der Arbeitskreis der hospizlichen und palliativen Einrichtungen in Gelsenkirchen wird sich eine rechtliche Form geben, um zu einem Sprachrohr für die Belange schwerstkranker Menschen und ihrer Angehörigen in Gelsenkirchen zu werden,  Koordinationsaufgaben müssen übernommen werden etc. Der Auf- und Ausbau des Palliativnetzes ist noch lange nicht abgeschlossen.